Vergleich PhaseOne 645DF mit P 45+ Back vs. Canon EOS 5D MkII

September 2011, von Alexander Kowalski






Übersicht
  Phase One 645DF mit P 45+ Rückteil Canon EOS 5D MkII
Preis (Gehäuse) ca. 15.000 Euro 2.000 Euro
Gewicht 1.030g 810g (ohne Batterie)
Größe 153 x 128 x 184mm 152 x 114 x 75 mm
Sensortyp CCD, 39,5MP CMOS, 21,1MP
Pixelabstand 6,78 µm 6,39 µm
Auflösung 7246 x 5444 5634 x 3753
Farbtiefe 16 Bit 14 Bit
Seitenverhältnis 4:3 3:2
Sensorgröße 49,1 x 36,8mm* 36 x 24mm
Diagonale 61,4mm* 43,2mm
"Kleinbild-Faktor" ca. 1,42x 1x
ISO-Empfindlichkeit 50 - 800 50 - 25.600
BelichtungsmessungTTL Messung (Integral, Spot und Auto) TTL Offenblendmessung, Messbereich 1.0 - 20 EV
- Evaluativ 35 Zonen
- Partial (8% des Zentrums)
- Spot metering (ca. 3.5% des Zentrums)
- Center-weighted average
Verschlusszeiten (sec.) 3.600 - 1/10.000*
* Schlitzverschluss der Kamera bis 1/4.000
30 - 1/8.000
Verschlusstypen Schlitzverschluss +
Zentralverschluss (nur bei 3 Objektiven)
Schlitzverschluss
Display 2.2 Zoll - 230.000 Bildpunkte 3 Zoll- 920.000 Bildpunkte
Autofokus-Felder 3 9 (+ 6 Hilfsfelder)
Schnittstelle FireWire 400 USB 2.0
Sucher Prismensucher Prismensucher
Serienbildgeschwindigkeit 0,67 fps 3,9 fps
Sensorreinigung nein
(aber Rückteil demontierbar)
ja
Live View nein ja
Video nein ja

* Annmerkung: Der Sensor des P 45+ Rückteils ist bezogen auf das klassische Mittelformat ein "Crop"-Sensor.
Andere Sensoren für die Phase One 645DF erreichen eine geringfügig größere Bilddiagonale.
Der "Verlängerungsfaktor" (eigentlich Bildwinkelverkleinerung) beträgt gegenüber größeren Sensoren etwa 1,1 : Rückteile wie das P 65 + (Sensorfläche 53,9 x 40,4mm)
haben eine Bilddiagonale von ca. 67,3mm. Gegenüber Kleinbild also eine etwa 1,56 mal größere Bilddiagonale (im Vergleich zu 1,42-fach beim P 45+).


Objektivangebot
  Phase One 645DF mit P 45+ Rückteil Canon EOS 5D MkII
Anzahl ca. 11 über 50 + Drittanbieter
mit Ultraschall-AF nein über 40 + Drittanbieter
kürzeste Brennweite 28mm (KB-äquiv. 19,7mm)
(Bildwinkel 102°)
8mm Circular Fisheye (180° circular) *
15mm Diagonal Fisheye (ca. 180° diagonal)
14mm (114°)
* Canon EF 8-15mm f/4 L Fisheye Zoom
längste Brennweite 150mm (KB-äquiv. 105mm) 800mm
Normalobjektive 80mm 2.8 (KB-äquiv. ca. 55mm 2.0) 50mm 1.2, 50mm 1.4, 50mm 1.8, 50mm 2.5 Macro
Objektive mit Zentralverschluss 55mm 2.8, 80mm 2.8, 110mm 2.8 keine
lichtstärkste Objektive 45mm 2.8, 55mm 2.8, 80mm 2.8,
110mm 2.8, 150mm 2.8
24mm 1.4, 35mm 1.4, 50mm 1.2,
85mm 1.2, 100mm 2.0, 135mm 2.0, 200mm 2.0
Tilt & Shift 120mm 5.6 17mm 4.0, 24mm 3.5, 45mm 2.8, 90mm 2.8
Makro 120mm 4.0 50mm 2.5, 100mm 2.8 (+IS), 180mm 3.5
Drittanbieter: u.a. 70mm 2.8, 90mm 2.8, 150mm 2.8
Lupenobjektiv nein MP-E 65mm Macro (bis 5:1)
Zoom-Objektive 1 (AF 75-150) 17 (davon 13 L-Objektive)
+ Drittanbieter




Diesen Koffer erhielten wir zum Test. Neben dem Kameragehäuse samt P 45+ Rückteil, Hochformatgriff und Akku-Ladegerät gab's die Objektive 35mm 3.5, LS 80mm 2.8, MF 120mm Macro und 150mm 2.8 IF


Erwartungen an digitales Mittelformat

Von aktuellen Mittelformat-Kameras und ihren digitalen Rückteile können gegenüber aktuellen digitalen Kleinbildkameras zu Recht folgende Eigenschaften erwartet werden:
- sichtbar höhere Auflösung (schließlich bietet der deutlich größere Sensor wesentlich mehr Platz für mehr Pixel)
- höhere Detailschärfe (kein AA-Filter wie bei Kleinbild-DSLRs)
- höherer Dynamikumfang (16 Bit statt 14 Bit)
Zu den (letztlich ungerechtfertigten) Erwartungen an die Schärfentiefe gibt's weiter unten entsprechnede Analysen und Vergleichsbilder, denn der größeren Sensordiagonale stehen leider deutlich lichtschwächere Objektive gegenüber.

Was man hingegen nicht zuletzt aufgrund der Baugröße und der Ausrichtung auf professionelle Werbefotografie nicht erwarten darf, sind Eigenschaften wie hohe Geschwindigkeit, bequeme Handhabung oder gar rauscharme hohe ISO-Empfindlichkeiten.
Vielmehr müssen wir uns auf viele, teilweise deutliche Einschränkungen gegenüber digitalen Kleinbild-DSLRs gefasst machen:
- keine hohen, rauscharmen ISO-Empfindlichkeiten
- Autofokus ohne schnellen Ultraschall-Antrieb in den Objektiven, wenige Autofokusfelder, usw.
- wesentlich langsamere Serienbildgeschwindigkeit, insgesamt langsamere Arbeitsabläufe (Sucherdunkelzeit, Zeit bis zur Bildwidergabe auf dem Display usw.)
- schweres, unhandlicheres Gehäuse
- deutlich geringere Auswahl an Objektiven; insbesondere nur wenige Zoom-Objektive

Es sollte klar sein, dass eine digitale Mittelformatkamera keine "universell einsetzbare" Kamera ist, dass sie sich nicht als Reportage-Kamera oder als Schnappschuss-Kamera zum "immer dabei haben" eignet. Eine digitale Mittelformatkamera ist eine Kamera, die vollständig auf geplante und zielgerichtete, kommerziell verwertbare Fotografie ausgelegt ist.


(Fast) "verdoppelte" Auflösung - und mehr Detailschärfe

Wie erwartet liefert das P 45+ Rückteil eine deutlich sichtbar höhere Auflösung; ebenso auch eine etwas höhere Detailschärfe "pro Pixel". Die Auflösung gegenüber der Canon 5D MkII ist bei einem Pixel-Zuwachs von rund 85 Prozent (bezogen auf die Sensorfläche!) natürlich sichtbar besser. Pro Bildachse erhöht sich die Auflösung aber logischerweise nicht um 85 Prozent (also nicht um das 1.85-fache, denn das gilt ja für die Gesamtfläche!), sondern in etwa um Wurzel aus 1.85 ... "In etwa" deshalb, weil das Seitenverhätnis nicht mehr kleinbildtypisch 3:2 sondern nun 4:3 ist.
Tatsächlich gewinnt man in der Horizontalen daher "nur" gut 28 Prozent (von 5634 auf 7246 Pixel), in der Vertikalen aber immerhin 45 Prozent (von 3753 auf 5444 Pixel).

Der ebenfalls sichtbare Zuwachs an Detailschärfe ist hingegen keine Zauberei, sondern primär der Tatsache zu verdanken, dass der CCD-Sensor des P 45+ Rückteils (wie bei allen Mittelformat-Rückteilen) auf einen sog. AA-Filter verzichtet! Ein AA-Filter ("Anti-Aliasing"-Filter) ist ein Low-Pass-Filter, der in Kleinbild-DSLRs eingesetzt wird, um durch eine bewußte Reduktion der Auflösung der Bildung von Moire-Effekten entgegenzuwirken. Mittelformat-DSLRs verzichten auf diesen Filter und erreichen dadurch zwar eine etwas höhere Detailschärfe, riskieren aber bei bestimmten Bildstrukturen eben auch eine stärkere Neigung zu Moire-Effekten (die dann bei Bedarf mit der jeweiligen RAW-Entwicklungs-Software abgeschwächt werden müssen.)




Vergleich der Auflösung

Auflösungvergleich beider Kamerasysteme
 
 
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
Schneider-Kreuznach Leaf Shutter AF 80mm f/2.8
ISO 100, 1/125 sec, Blende 9
RAW mit Capture One Pro entwickelt,
Schärfung 130, 1.3, 1.0
Canon EOS 5D MkII
mit EF 50mm f/1.2 L USM
ISO 100, 1/125 sec, Blende 10
RAW mit Canon DPP entwickelt, Schärfe +3
 
 
 
 
 
 


Testeindrücke Phase One 645DF mit P 45+ Rückteil

Handhabung

Die Kamera selbst ist nur etwa 200 Gramm schwerer als die 5D MkII (jeweils ohne Hochformatgriff); dazu kommt allerdings noch das Gewicht des Rückteils. Auch bei der Phase One 645DF muss bei Bedarf ein Hochformatgriff separat angeschraubt werden. Wegen des etwas tieferen Spiegelkastens, aber vorallem wegen des dicken Rückteils ist die Phase One allerdings erheblich tiefer. Der Sucher ragt dazu noch besonders weit nach hinten, wodurch allerdings "Nasenkontakt" mit dem Rückteil weitgehend vermieden werden kann.
Leider sind weder der Handgriffbereich, noch irgendein anderer Teil des Gehäuses mit Kunstleder überzogen; am Handgriff fasst man auf nackten Kunststoff. Auch das recht leichtgängige Modus-Wahlrad und die übrigen Bedienelemente machen keinen wertigeren Eindruck als bei der 5D MkII. Im Vergleich dazu fühlt sich insbesondere eine Canon der 1D-Serie oder eine Nikon der D3-Serie deutlich "wertiger" an.
Die Bedienelemente, wie z.B. die beiden Einstellräder oder der AEL-Knopf (Belichtungsspeicherung) sind allerdings ergonomisch gut platziert. Ebenso ansprechend ist die Größe und Form des Handgriffs.
Rückteil und Kamera besitzen separate Ein-/Ausschalter und jeweils eine eigene Stromversorgung, wobei die Kamera mit AA-Batterien betrieben werden kann, die auch relativ viele Auslösungen überstehen. Im Hochformatgriff können wahlweise AA-Batterien verwendet werden oder aber ein weiterer, gleicher Akku wie beim Rückteil.
Schon die Tatsache, dass der Akku des Rückteils aussen seitlich am Rückteil eingeklinkt wird, lässt darauf schließen, dass Kamera und Rückteil nicht spitzwassergeschützt sind. Schon bei leichtem Nieselregen wäre ein Betrieb im Freien ohne irgendeine Form von Regenschutz also absolut riskant.


 
 
Das P 45+ Rückteil Kamera und Rückteil besitzen zwei separate Stromversorgungen


Das Rückteil

Leider muss dass P 45+ Rückteil mit nur 4 unbeschrifteten Bedientasten (und einem kleinen Ein-/Ausschalter) auskommen. Auch das Display mit nur 2,2-Zoll Diagonale und niedriger Auflösung (nur 230.000 RGB-Pixel) ist für heutige Verhältnisse recht klein und erlaubt mit seiner geringen Auflösung keine besonders gute Kontrolle der Bildschärfe. Der hohe Kontrast und die recht realistische Farbwiedergabe können allerdings gefallen.
Die unbeschrifteten Menütasten erhalten in den meisten Menüs eine jeweils entsprechende Annotaion auf dem Display. In einigen Fällen (z.B. während der Bildwiedergabe) ist die jeweils zugewiesene Funktion der einzelnen Tasten jedoch nicht direkt sichtbar, sodass es zumindest anfangs oft zu Fehlbedienungen kommt und lästiges Herumprobieren nicht vermieden werden kann.
Der Stromverbrauch des Rückteils muss leider als extrem hoch eingestuft werden. Ein voller Akku schaffte (je nach Benutzungshäufigkeit des Displays) nicht mal 80 Aufnahmen, bevor seine Ladung unter 10 Prozent gesunken war!


Der Sucher

Das Sucherbild erscheint subjektiv weder größer noch heller als bei einer Kleinbild-DSLR, was offenbar auch auf die extreme Sucherverlängerung (bis weit hinter das Rückteil) zurückzführen ist. Im Vergleich zum Sucherbild der Canon 5D MkII unter Verwendung von lichtstarken Kleinbild-Festbrennweiten (z.B. EF 50mm f/1.2 L USM) war das Sucherbild der Phase One 645DF sogar sichtbar dunkler. Es erschien auch weniger scharf und klar, was aber im Zusammenhang mit den jeweils verwendeten Mattscheiben stehen dürfte.

Objektive und Autofokus

Beim Autofokus-Betrieb muss man sich auf sehr deutliche Abstriche im Vergleich zu aktuellen Kleinbild-DSLRs einstellen:
- es gibt nur drei AF-Felder
- es gibt keine Objektive mit schnellem Ultraschall-AF
- das bisher erhältliche Makro-Objektiv (120mm 4.0) besitzt keinen Autofokus
- die meisten Objektive sind nicht innenfokussiert; ausserdem dreht sich zumeist der Fokussierring während des AF-Betriebes

Dazu kommt, dass die Autofokus-Felder offenbar relativ breit angelegt sind, sodass der AF bei kleineren Objekten gerne mal auf den kontrastreicheren Hintergrund fokussiert, statt auf das anvisierte Objekt. Die AF-Geschwindigkeit aller getesteten Objektive muss als träge bezeichnet werden.

Die Schärfeleistung der getesteten Objektive liegt allerdings durchweg hoch; auch Bilder mit Offenblende werden angenehm scharf und kontrastreich.
Ebenso war die Randschärfe des weitwinkligen 35mm f3.5 gut. Allerdings ist zu bedenken, dass dieses Objektiv nur einen Bildwinkel liefert, der etwa einer 24mm-Festbrennweite an Kleinbild entspricht. Hinzu kommt, dass der Sensor des P 45+ Rückteils nicht den vollen Bildkreis des Objektivs ausnutzt, da die Sensordiagonale mit 61,4mm noch um knapp 10 Prozent kleiner ist ("Crop 1.1") als bei Rückteilen wie etwa dem P 65+ oder IQ180 (mit jeweils etwa 67,3mm Diagonale).


Bokeh des Schneider-Kreuznach Leaf Shutter 80mm f/2.8
 
 
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
Schneider-Kreuznach Leaf Shutter AF 80mm f/2.8
abgeblendet auf Blende 8
Fünfeckige Unschärfekreise lassen auf nur fünf Blendenlamellen schließen, "Ringbildung" lässt das Bokeh unruhig wirken
 
 
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
Schneider-Kreuznach Leaf Shutter AF 80mm f/2.8
Blende 3.5
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
Schneider-Kreuznach Leaf Shutter AF 80mm f/2.8
Blende 4.0


35mm Weitwinkel
 
 
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
AF 35mm f/3.5
Blende 8.0, ISO 100, 1/125 sec
Abgeblendet zeigt das 35mm Weitwinkel selbst in den Bildecken
eine gute Schärfeleistung
(der Sensor des P 45+ Rückteils nutzt allerdings
nicht den vollen Bildkreis aus)


AF 150mm 2.8
 
 
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
AF 150mm f/2.8
Blende 3.5, ISO 50, 1/160 sec
Gute Schärfeleistung des 150mm Tele-Objektivs,
die feinen Strukturen links unten erzeugen
einen leichten Moire-Effekt


Gegenlicht, Purple Fringing
 
 
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
Schneider-Kreuznach Leaf Shutter AF 80mm f/2.8
abgeblendet auf Blende 5.0
Lense Flares sind hier praktisch nicht zu erkennen.
Purple Fringing zeigt sich bei extremen Kontrasten auch bei dem CCD-Sensor des P 45+ Rückteils.
Es kann aber problemos mit dem RAW-Konverter
Capture One Pro herausgerechnet werden.


Impressionen
 
 
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
Schneider-Kreuznach Leaf Shutter AF 80mm f/2.8
ISO 200, Blende 3.5
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
Schneider-Kreuznach Leaf Shutter AF 80mm f/2.8
ISO 200, Blende 4.0
 
 
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
AF 150mm f/2.8
ISO 100, 1/60sec, Offenblende
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
MF 120mm f/4 Macro
ISO 100, 1/8 sec, Blende 4.0
im Nahbereich kann das manuell zu fokussierende Makro-Objektiv
mit Blende 4 eine sehr gute Freistellung erzeugen


Anmerkungen

Schärfentiefe, Dynamik und die notwendige Lichtleistung bei Studioblitzfotografie

- Die Sensordiagonale ist bei der PhaseOne 645DF mit dem P 45+ Rückteil ca. 1,42x größer als bei Kleinbild; man benötigt also eine 1,42-fach längere Brennweite für den gleichen diagonalen Bildwinkel. Dies verringert (auch unter Berücksichtigung des aufgrund der größeren Sensordiagonale geänderten Zerstreuungskreises) die Schärfentiefe im Vergleich zum Kleinbildformat bei entsprechender Blende, wenn man den Abbildungsmaßstab beibehalten möchte.
Um nun mit der PhaseOne 645DF und dem P 45+ Rückteil bei gleichem Bildwinkel und gleicher Gegenstandsweite die gleiche Schärfentiefe wie bei Kleinbild (Canon EOS 5D MkII) zu erreichen, muss daher um 1 Blendenstufe (Blendenwert-Faktor 1,4) weiter abgeblendet werden.
Dies bedeutet nun entweder eine Verdoppelung der Belichtungszeit oder eine Verdoppelung der notwendigen Lichtmenge bzw. Lichtleistung - z.B. bei der Fotografie mit Studioblitzgeräten.
(Von einer Erhöhung der ISO-Empfindlichkeit wird man hingegen wegen des erhöhten Bildrauschens und des reduzierten darstellbaren Kontrastumfangs absehen.)

- Der darstellbare Kontrastumfang (Dynamik) liegt beim P 45+ Rückteil (laut den Messungen bei www.dxomark.com) um 1EV höher als bei der Canon EOS 5D MkII (12,9 EVs vs. 11,9 EVs). Diese höchste Dynamik erreicht das P 45+ Rückteil (laut den Messungen bei www.dxomark.com) allerdings ausschließlich bei ISO 50 (die Canon EOS 5D MkII hingegen bei ISO 100). Bei ISO 100 läge die Dynamik des P 45+ Rückteils hingegen bereits geringfügig unter der Dynamik der Canon EOS 5D MkII.
Um die höhere Dynamik des P 45+ Rückteils also überhaupt ausnutzen zu können, muss man mit ISO 50 arbeiten: Dies bedeutet nun wiederum entweder eine Verdoppelung der Belichtungszeit oder eine Verdoppelung der Lichtleistung bei der Fotografie mit Studioblitzgeräten.

Folgerung:
Um die höhere Dynamik des P 45+ Rückteils unter Studiobedigungen (Fotografie mit Studioblitzgeräten) und unter Beibehaltung der von Kleinbild gewohnten Schärfentiefe nutzen zu können, benötigt man daher sogar die vierfache Lichtleistung!

DxOMark

Der Schärfentiefen-Mythos

Gerne wird auch von professionellen Fotografen behauptet, man könne bei der Verwendung von Mittelformat-Kameras mit geringerer Schärfentiefe arbeiten als dies mit Kleinbildkameras möglich sei.
Bezogen auf eine jeweils gleiche Blende stimmt das auch: Tatsächlich hatten wir ja gerade festgestellt, dass man bei Verwendung der PhaseOne 645DF mit dem P 45+ Rückteil aufgrund der für den gleichen Bildwinkel notwendigen längeren Brennweiten bei gleicher Blende wirklich eine geringere Schärfentiefe erhält als bei Kleinbild.

Nur scheitert das Schärfetiefen-Argument leider daran, dass die höchste verfügbare Lichtstärke für Phase One- bzw. Mamiya-Mittelformat-DSLRs gerade mal Blende 2.8 beträgt! Erhältlich sind hier nur 45mm 2.8, 55mm 2.8, 80mm 2.8, 110mm 2.8, und 150mm 2.8.
Zum Vergleich: Beim Hasselblad H-System erhält man immerhin noch 100mm 2.2, ansonsten aber auch nur noch 80mm 2.8, alle anderen Objektive sind auch dort lichtschwächer.

Bei Kleinbild hingegen sind Festbrennweiten, die "nur" Lichtstärke 2.8 bieten, lediglich bei Makro-Objektiven und im Superweitwinkelbereich üblich. Ein großer Teil der Kleinblild-Festbrennweiten ist aber mit Lichtstärken von 2.0, 1.8, 1.4 (und bei Canon EF sogar 1.2) erhältlich!

Rechnet man nun bei der PhaseOne 645DF mit dem P 45+ Rückteil die jeweilige Brennweite und Lichtstärke auf kleinbildäquivalente Brennweiten und Lichtstärken um, so entspricht beispielsweise das 80mm 2.8 "Normalobjektiv" gerade mal einer Kleinbildfestbrennweite mit ca. 55mm Brennweite und Lichtstärke 2.0 !
Auch das Objektiv mit der längsten Brennweite bei Phase One / Mamiya, das 150mm 2.8 (eine Brennweite, die an Mittelformat ideal für Portraits ist), entspricht umgerechnet auf Kleinbild einem Objektiv mit etwa 105mm und Blende 2.0 .

Mit Kleinbild-Objektiven wie dem Canon 35mm 1.4 L, 50mm 1.2 L und 85mm 1.2 L erreicht man also sogar eine etwas bessere Freistellung, weil für Mittelformat-DSLRs äquivalente, lichtstarke Objektive leider nicht existieren.


Vergleich beider Kamerasysteme
mit ihrem jeweils lichtstärksten Normalobjektiv
 
 
PhaseOne 645DF mit P 45+ Rückteil und
Schneider-Kreuznach Leaf Shutter AF 80mm f/2.8
bei Offenblende 2.8
Canon EOS 5D MkII
mit EF 50mm f/1.2 L USM
bei Offenblende 1.2


Die jeweils lichtstärksten Objektive im Vergleich:
Phase One 645DF mit P 45+ Back Canon EOS 5D MkII
Mittelformat 49,1 x 36,8mm* KB-äquivalent Kleinbild 36x24mm
 --  -- 24mm f/1.4
45mm f/2.8
55mm f/2.8
ca. 31mm f/2.0
ca. 38mm f/2.0
35mm f/1.4
80mm f/2.8 ca. 55mm f/2.0 50mm f/1.8
50mm f/1.4
50mm f/1.2
150mm f/2.8 ca. 105mm f/2.0 85mm f/1.8
85mm f/1.2
100mm f/2.0
135mm f/2.0
 --  -- 200mm f/2.8
200mm f/2.0
300mm f/2.8
400mm f/2.8
. . .


* Annmerkung: Der Sensor des P 45+ Rückteils ist bezogen auf das klassische Mittelformat ein "Crop"-Sensor. Andere Sensoren für die Phase One 645DF erreichen eine geringfügig größere Bilddiagonale.
Der "Verlängerungsfaktor" (eigentlich Bildwinkelverkleinerung) beträgt gegenüber größeren Sensoren etwa 1,1 : Rückteile wie das P 65 + (Sensorfläche 53,9 x 40,4mm) haben eine Bilddiagonale von ca. 67,3mm. Gegenüber Kleinbild also eine etwa 1,56 mal größere Bilddiagonale (im Vergleich zu 1,42-fach beim P 45+). Die in der Tabelle berechneten "kleinbildäquivalenten" Brennweiten reduzieren sich dann geringfügig um etwa 9 Prozent, die "kleinbildäquivalenten" Lichtstärken erhöhen sich grob um etwa 1/3 Blende auf Blende 1.8


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© 2011 by Alexander Kowalski